Wie sensibilisiert man Menschen für die Bedürfnisse unserer bedrohten Insektenwelt? Wir schützen bekanntlich nur, was wir kennen.
Wenn grosse und kleine Naturdetektive die vollständige Entwicklung eines Käfers oder Schmetterlings miterleben, können sie die verschiedenartigen Bedürfnisse in den einzelnen Phasen unmittelbar beobachten. Dabei ist nicht entscheidend, ob man die Metamorphose mit Hilfe eines Aufzucht-Sets beobachtet oder ob Raupen aus der Natur aufgezogen werden.
Auf das echte, direkte Erlebnis kommt es an. Wir geben einen Überblick, was man bei der Aufzucht von selbst gesammelten Raupen beachten sollte und worauf wir bei unseren Aufzucht-Sets Wert legen.
Es ist wunderbar, einem Schmetterling beim Schlüpfen zuzuschauen und das sanfte Kitzeln zu spüren, wenn er auf den Finger krabbelt und abhebt. Besonders bei Kindern hinterlässt das Miterleben der Verwandlung von der Raupe über die Puppe bis zum schillernden Falter einen tiefen Eindruck.
Ob in der Schule oder zuhause im Wohnzimmer: Wenn Kinder die Möglichkeit haben, Insekten selbst zu füttern und ihre Metamorphose zu beobachten, fördert dies ihr Verständnis für die Bedürfnisse dieser Lebewesen und stärkt ihre Bindung zur Natur. Dabei gibt es verschiedene Wege, wie Kinder zu ihrem persönlichen Aufzucht-Erlebnis kommen. Raupen können aus der Natur entnommen und mit ihren natürlichen Futterpflanzen aufgezogen werden. Oder man erwirbt Raupen beziehungsweise Insekteneier aus einer registrierten Zucht mit einem sorgfältig entwickelten Ersatzfutter und zieht diese auf.
Kinder, die sich oft draussen im Wald oder im Garten bewegen, entdecken bei ihren Streifzügen wohl früher oder später irgendwo Raupen und kommen auf die Idee, diese zuhause aufzuziehen. Wenn sie dabei unterstützt werden, eine geeignete Aufzuchtbox zu basteln oder zu kaufen und die benötigten Futterpflanzen zu besorgen, steht einem Zuchterfolg nichts im Weg.
Voraussetzung ist, dass die gefundenen Raupen korrekt bestimmt werden können. Auch die Pflanze, auf der die Raupen abgesammelt wurden, muss bekannt sein. Von dieser Pflanzenart sollten bis zur Verpuppung stets frische Blätter und Triebe verfüttert werden. Manche Raupenarten nehmen verschiedene Futterpflanzen an. Wenn dies bekannt ist, kann je nach Verfügbarkeit eine Alternative angeboten werden.
Bei dieser Art der Insektenaufzucht zuhause oder im Schulzimmer ist es wichtig, ein paar grundlegende Punkte zu beachten:
Für Kinder, die in einem Umfeld mit weniger Bezug zur einheimischen Tier- und Pflanzenwelt aufwachsen, kann ein Schmetterlings-Aufzucht-Set eine aussergewöhnliche und wichtige Naturerfahrung sein. Im Klassenverband durchgeführt, vervielfacht sich der Lerneffekt und die Sensibilisierung für die Natur durch eine Insektenaufzucht. Aufgrund ihrer Planbarkeit lassen sich Aufzucht-Sets leicht mit anderen Anforderungen des Lehrplans abstimmen und in den praktischen Unterricht integrieren.
Detaillierte Anleitungen zu den einzelnen Aufzuchtschritten und Anregungen zur Beobachtung und Dokumentation ermöglichen den Schülerinnen und Schülern weitgehend selbständiges Arbeiten bei hohem Zuchterfolg. Lehrpersonen betonen in ihren Feedbacks den Wert dieses pädagogischen Ansatzes und der eindrücklichen Erlebnisse für die ganze Klasse.
Ein Aufzucht-Set verhindert, dass aus Unkenntnis versehentlich Raupen gefährdeter Arten (Rote Liste) gesammelt werden oder gar gesetzlich geschützte Arten, deren Entnahme aus der Natur gemäss der Verordnung über den Natur- und Heimatschutz (NHV) verboten ist (NHV Art. 20 Abs. 2).
Im Anhang 3 der NHV sind alle national geschützten Arten aufgeführt. In einigen Kantonen sind weitere Tagfalterarten geschützt, so zum Beispiel der Schwalbenschwanz Papilio machaon in den Kantonen AG, BE, GE, OW, SH und VD. Entscheidend bei der Wahl eines Aufzucht-Sets ist, dass dieses die nachfolgend beschriebenen Kriterien erfüllt.
Wer Aufzucht-Sets vertreibt, muss bedenken, dass die Schmetterlinge oder andere Insekten im ganzen Vertriebsgebiet aufgezogen und freigelassen werden. Die Insektenart sollte daher...
Für Aufzucht-Sets ungeeignet sind also seltene Arten, die nur in bestimmten, lokal vorkommenden Lebensräumen wie Mooren oder Trockenwiesen überleben können. Auch standorttreue Arten, die ohne genetischen Austausch in isolierten Populationen leben, dürfen nicht über Aufzucht-Sets künstlich beeinflusst werden.
Im ersten Moment klingt das vielleicht unerwartet, denn man könnte denken, die Freilassung weiterer Individuen würde seltene Arten häufiger werden lassen und kleine Populationen stärken. Tatsächlich können Arten jedoch nicht häufiger werden, solange ihre Lebensräume selten bleiben. Um ihr Fortbestehen zu sichern, braucht es einen konsequenten Lebensraumschutz.
Der pädagogische Wert einer geschützten Insektenaufzucht mit direktem Erleben der Verwandlung von der Larve zum Käfer oder von der Raupe zum Schmetterling ist weit herum anerkannt. Für welche Art von Aufzucht man sich entscheidet, hängt in der Regel von den persönlichen Möglichkeiten sowie den verfügbaren natürlichen und zeitlichen Ressourcen ab. Beide Formen haben ihre Vorteile und ihre Berechtigung, solange das Naturerlebnis und das Wohl der Tiere im Fokus steht. Keine Geschichte und kein Film können das unmittelbare Erlebnis mit allen Sinnen ersetzen. Die eigene Erfahrung motiviert am nachhaltigsten, sich für die Förderung und den Schutz von Insekten einzusetzen.