Anders als typischerweise verstanden, besteht Pflanzenschutz nicht nur aus dem Spritzen des passenden Mittels. Biologischer Pflanzenschutz beginnt viel früher, zum Beispiel bei der Wahl der Sorte und des Standorts.
Im Biogarten geht es darum, robuste Systeme zu gestalten, die sich im besten Fall selbst regulieren. Um sich Arbeit zu sparen und mehr Zeit zum Geniessen zu gewinnen, ist es sinnvoll, positive und negative Wechselwirkungen im Garten zu kennen.
Es kommt in den schönsten Gärten vor: angefressene Blätter, welkende Triebe, plötzlich auftretende Blattflecken und ungebetene Gäste. Scheinbar aus dem Nichts werden die Pflanzen befallen. Doch, wenn man genau hinschaut, erkennt man oft, woher die Ursache kommt.
Es gibt viele Einflüsse, die den Pflanzen schaden oder sie schwächen können. Fressfeinde, Pilzinfektionen, zu viel oder zu wenig Licht oder Nährstoffmangel – um nur einige Beispiele zu nennen.
Grundsätzlich kann man sie in drei Kategorien von Schadursachen einteilen:
Umwelteinflüsse
Schädlinge
Krankheiten
Die erste Kategorie von Ursachen beschreibt Pflanzenschäden, die nicht durch lebende Organismen entstehen. In diese Kategorie fallen Wetterereignisse, Bodenbeschaffenheit und Verfügbarkeit von Nährstoffen und Wasser.
Kurzfristige Wetterereignisse können der Pflanze Schaden zufügen, die mit einer Krankheit oder einem Schädling verwechselt werden können. So kann ein Stickstoffmangel zum Vergilben der ältesten Blätter führen. Bei anhaltenden Ereignissen wie Hitze, Trockenheit oder zu viel Wasser wird die Pflanze unter Stress gesetzt und kann welken, die Blätter verlieren oder faulen.
Eine gestresste Pflanze ist ein willkommenes Ziel für Schädlinge und ein einfaches Terrain für die Ausbreitung von Krankheiten.
Durch einen Blick in den Boden und die unmittelbare Umgebung kann man abschätzen, ob sich die Pflanze da wohlfühlen wird.
Die Wahl des Standortes ist abhängig von den individuellen Bedürfnissen der Pflanze und beschäftigt sich mit Fragen zur Sonneneinstrahlung, Bodenbeschaffenheit und -feuchtigkeit.
Andersrum kann man auch vom Standort ausgehen und sich fragen, welche Pflanze sich wohlfühlen könnte. Oft hilft es, sich zu überlegen, wo die Pflanze oder wilde Verwandte davon in der Natur wachsen.
Um eine gesunde und widerstandsfähige Pflanze heranzuziehen, ist eine ausgewogene Nährstoff- und Wasserversorgung wichtig. Nur wenn eine Pflanze alle Nährstoffe erhält, die sie braucht, funktionieren ihre Abwehrmechanismen im Ernstfall. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Pflanze zu unterstützen. Eine Frühjahresdüngung versorgt die Pflanze mit viel Kraft für die Blüte.
Langzeitdünger wie Kompost bauen sich langsam ab und versorgen die Pflanze kontinuierlich mit Nährstoffen. Manchmal meint man es mit dem Düngen aber auch zu gut und die Pflanze wird überversorgt, was die Anfälligkeit gegenüber Schädlingen und Pilzen fördern kann. Statt mehrmals in kurzen Abständen zu düngen, ist eine Pflanzenstärkung durch nützliche Mikroorganismen zu empfehlen.
Eine Anreicherung der Bodenflora mit nützlichen Mikroorganismen hilft, die Nährstoffe im Boden pflanzenverfügbar zu machen. Ausserdem fördert es das Pflanzenwachstum und macht die Pflanze robuster gegenüber Umwelteinflüssen.
Zur zweiten Kategorie der Schäden gehören alle ungebetenen Gäste, die sich von den lieb gewonnenen Pflanzen ernähren. Dabei gibt es solche, die sich nur für den Pflanzensaft interessieren und diesen aussaugen, wie zum Beispiel Blattläuse, Spinnmilben, Schildläuse, Wollläuse, Zikaden und Thripse.
Andere knabbern lieber am ganzen Blatt: Sägewespen, Motten, Frostspanner, verschiedene Zünsler-, Spinner- und Wickler-Arten, Schnecken, Erdflöhe und Käfer.
Zur direkten Kontrolle von Schädlingen können biologische Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. Diese basieren auf natürlichen Wirkstoffen, wie zum Beispiel Pflanzenextrakte, Natur- und naturidentische Stoffe, Bakterien, Pilze oder Viren. Damit hat man eine spezifische und nützlingsschonende Alternative zum chemisch-synthetischen Pflanzenschutz ohne Einbussen der Wirksamkeit.
Zur idealen Zeitpunktbestimmung einer Behandlung kann man für die meisten Schädlinge eine Falle benutzen. So kann man reagieren, wenn die Schädlings-Population noch klein ist.
Das Ausbringen von Nützlingen, dem natürlichen Gegenspieler eines Schädlings, bietet sich als effektive Schädlingsbekämpfung an, die einzigartig ist im Biogarten. Man lässt das System sich selbst regulieren, so wie es in der Natur auch geschieht.
Zusätzlich lockt man mit gezielter Nützlingsförderung, wie etwa mit Blühstreifen und Nistkästen, weitere natürliche Gegenspieler an und unterstützt so die Entwicklung eines biologischen Gleichgewichtes.
Im Biogarten sind Pflanzenschutzmittel zur direkten Bekämpfung nur eine von vielen Massnahmen, die man im Pflanzenschutz treffen kann.
Zusätzlich setzt man auf vorbeugende Massnahmen, um einen Erstbefall zu verhindern. Wir empfehlen deshalb neben der Verwendung von biologischen Pflanzenschutzmitteln, die Förderung von Nützlingen, das Aufstellen von Fallen zur Überwachung, eine angepasste Düngung, Pflanzenstärkung und eine durchdachte Standortwahl.
Wer mehr zu den Wirkstoffen in biologischen Pflanzenschutzmitteln erfahren möchte, findet Informationen dazu auf unserer Gartenthemenseite.
Die letzte Kategorie der Pflanzenkrankheiten ist vielfältig. Eine Krankheit kann entweder von Pilzen, pilzähnlichen Organismen, Bakterien oder Viren verursacht werden.
Zu den wichtigsten Pilzkrankheiten gehören zum Beispiel Monilia, Echter und Falscher Mehltau, Schrotschuss, Schorf, Rost, Graufäule, Kraut- und Knollenfäule, Sclerotonia-Fäule, Rutenkrankheit bei Himbeeren und Kräuselkrankheit an Pfirsich.
Wenn diese Krankheitserreger in das System der Pflanze eindringen, wird eine Immunreaktion ausgelöst. Gesunde und resistente Pflanzen schaffen es den Erreger abzuwehren oder zeigen nur einen leichten Befall.
Bei geschwächten Pflanzen, zum Beispiel durch einen Nährstoffmangel, und guten Wetterbedingungen für den Erreger kann es jedoch zu starkem Befall und schweren Schäden kommen oder sogar das Absterben der Pflanze bewirken.
Im Biogarten sollte man bei Krankheiten vor allem auf Vorbeugung setzen, denn das direkte Bekämpfen von Pilzkrankheiten ist oftmals schwierig.
Der Krankheitserreger befindet sich in der Pflanze und verbreitet sich unter bevorzugten Bedingungen – meist feuchtes, warmes Klima – schnell aus.
Vorbeugung fängt bei den Krankheiten früh an. Bei der Sortenwahl sollten robuste Sorten bevorzugt werden. Robuste Sorten haben eine hohe Toleranz oder sogar Resistenz gegenüber Krankheiten.
Bei verholzten Pflanzen, wie Obstbäumen oder Ziersträuchern, ist der jährliche Schnitt eine wichtige Massnahme, um Pilzkrankheiten vorzubeugen. Ein lockerer Kronenaufbau bewirkt, dass das Laub nach dem Regen schnell abtrocknet und sich Pilze weniger schnell verbreiten können.
Auch das Wegräumen von Laub im Herbst und Entsorgen von befallenen Früchten verhindert eine erneute Infektion im nächsten Frühjahr.
Viele Pilzkrankheiten überwintern auf dem herabgefallenen Laub und infizieren im Frühling vom Boden aus die neuen Blätter. Befallene Triebe sollte man bis ins gesunde Holz zurückschneiden.
Bei Gemüse kann man vielen Krankheiten mit einer geeigneten Fruchtfolge einen Strich durch die Rechnung machen. Unter einer Fruchtfolge versteht man die jährliche Abfolge von Kulturen in einem Beet.
Es sollte vermieden werden, Pflanzen der gleichen Pflanzenfamilie (zum Beispiel Rettich nach Kohl) ins gleiche Beet wie im Vorjahr zu setzen. Am besten wartet man 3–4 Jahre, bis die Kultur wieder an den gleichen Platz kommt.
Mit diesem zeitlichen Abstand können Entwicklungszyklen von bodenlebenden oder überwinternden Krankheitserregern und Schädlingen unterbrochen werden.
Im Hochbeet oder in Rabatten kann man die Erde auswechseln und auf frischem Substrat starten.
Man kann die Pflanzen mit verschiedenen Präparaten direkt unterstützen. So können die frischen Blätter mit Schachtelhalmextrakt oder -brühe gestärkt oder die Wurzeln mit wurzelbesiedelnden Mikroorganismen auf Infektionen durch bodenbürtige Krankheiten vorbereitet werden.
Gesunde Blätter kann man durch einen Schutzfilm schützen. Das ist besonders bei feuchter Witterung wichtig.
Eine Behandlung mit einem biologischen Fungizid bewirkt einen Schutzfilm auf dem Blatt, der verhindert, dass Pilzsporen in Kontakt mit der Blattoberfläche kommen.
Pflanzenschäden können durch ein Insekt, einen Krankheitserreger oder eine Umwelteinwirkung verursacht werden, doch kommt ein Schaden selten allein. Ein Einstichloch eines Insektes in einer Frucht oder einem Blatt verletzt die Pflanze und bildet eine Eingangspforte für Viren, Bakterien oder Pilzsporen.
Auch eine gestresste Pflanze, sei es durch Trockenheit, Überdüngung oder Staunässe, kann ein Mikroklima erzeugen oder eine geschwächte Abwehr haben, was die Vermehrung eines Schädlings oder eines Krankheitserregers begünstigt. Dies zeigt, wie komplex es im eigenen Gemüsegarten zu und her geht.
Grundsätzlich gilt: Wenn man einen Befall feststellt, sollte man so schnell wie möglich handeln.
Einerseits ist es schwieriger eine Pflanze von einem starken Befall oder einem ausgeprägten Schaden zu kurieren.
Andererseits kann ein unbehandelter Schaden zu einer Kaskade an zusätzlichen Schäden führen.
Zusammenfassend kann man sagen, dass Pflanzenschutz bereits bei der Wahl der Sorte und des Standortes beginnt. Es lohnt sich, im Biogarten eine hohe Biodiversität (Vielfalt von Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen) anzustreben, um möglichst viele natürliche Gegenspieler von Schädlingen anzulocken und die Verbreitung von Krankheiten zu unterdrücken.
Mit guten Hygienemassnahmen und einem jährlichen Schnitt bei verholzten Pflanzen werden Pilzinfektionen vorgebeugt. Mit den passenden Pflanzenstärkungsmitteln und organischen Düngern versorgt und unterstützt man das Wachstum und die Widerstandsfähigkeit der Pflanzen. Biologische Pflanzenschutzmittel bieten eine schonende Art der Bekämpfung und sind sicher für Mensch, Tier und Umwelt. Mit gezielten Massnahmen zum richtigen Zeitpunkt bleibt viel Zeit zum Geniessen.
Für Claudia ist der Garten eine Herzensangelegenheit. Am liebsten verbringt sie ihre Zeit mit dem Beobachten und Entdecken von Fauna und Flora im Garten. In Sachen Pflanzenschutz macht sie sich die Natur zu Nutze, agiert auf mehreren Ebenen und sorgt dafür, dass es den Pflänzchen von Anfang an gut geht. Ganz nach dem Motto: Wer gut plant und früh interveniert, gewinnt mehr Zeit zum Geniessen.