Lieblingsprojekt:
Die Sandlinse und das Wildblumenbiotop: Sie bieten nicht nur Nistmöglichkeiten für zahlreiche Insekten, sondern bescheren mit den vielen Blühpflanzen, von denen die ganze Saison hindurch etwas blüht, auch ausreichend Nahrung in der Nähe. Neben dem speziellen (ungewaschenen, lehmhaltigen) Sand ist auch eine ausreichende Tiefe (mind. ein halber Meter) wichtig.
Georgina Brandenberger: Das war eigentlich von Anfang an klar, etwas anderes kam gar nicht in Frage. Als ich gestartet habe, bestand der Garten bloss aus ein paar Pfingstrosen und einer Hortensie. Ich habe dann schrittweise angefangen zu gestalten, und Stück für Stück mehr hinzugefügt. Ein Garten besteht für mich immer aus Vielfalt, weshalb ich einen reinen Nutzgarten weniger in Erwägung zog. Es sollte schliesslich für alle etwas dabeihaben.
Meistens gibt einem das Gelände vor, welche Projekte oder Pflanzen sich gut eignen. Etwas mit Erfolgsgarantie ist sicher das Anpflanzen von Gewürzfenchel oder Kapuzinerkresse. Diese Pflanzen sind relativ einfach zu kultivieren und attraktiv für uns und die Insekten. Dann rate ich auch zu Blumen, die «schneckenfest» sind, also von Schnecken nicht mit Vorliebe verzehrt werden. Dazu gehören die Kartäusernelke, der Gamander, die Nachtkerze und auch die Wegwarte. Ebenso eignen sich verschiedene Storchschnabelarten, Margeriten, Flockenblumen, Waldnelken, Salbeiarten, Wilde Malven, Kornraden, Ringelblumen, Dost, Löwenmäulchen, Glockenblumen und viele mehr, die Liste ist lang. Will man grösser planen, empfehle ich blühende Weiden für Insekten, oder den Tierlibaum (Kornelkirsche) und den Faulbaum, sowie den Efeu (er blüht im Herbst, wenn kaum noch etwas anderes blüht). Auch bei der Art, wie man gärtnert, kann man sich vieles überlegen; richtig grosse Container helfen beispielsweise dabei, möglichst lange nur mit Regenwasser giessen zu können. An vielen Ecken kann man auf Plastik verzichten, und mähen lässt sich mit Sense (und später dem Balkenmäher) viel schonender, als mit traditionellen Rasenmähern.
Eine Herausforderung ist sicher die Zeit, die ein Garten braucht. Dafür kann man auch Gärtner:innen engagieren, ich mache aber, ausser dem Schneiden der Obstbäume, gerne alles selber. Es gilt zu planen und zu orchestrieren, ohne den Tieren etwas wegzunehmen. Und sie manchmal geschickt umzuleiten. Bei den Mäusen funktioniert bei mir der «Mäuseschreck»: ein Windrädli mit Glöckchen im Inneren, dessen Schall mit einem Stab tief in die Erde geleitet werden kann und so die Mäuse fernhält. Zudem kann man sich mit Netzen gegen Beeträuber helfen. Bei grosser Schneckenplage hilft es, die Schneckenkragen sogar zu stapeln, bei grosser Hitze hilft Beschatten. Dann kommen noch die Launen der Natur, wie Spätfröste oder Schneedruck. Hier ist vielleicht einfach ein bisschen Geduld gefragt. Hat sich ein Vogel eine oft begangene Ecke im Garten ausgesucht, um zu brüten, wie es bei mir gerade der Fall ist, kann man diese kreativ etwas absperren und alternative Wege benutzen.
Was ich ganz fest gespürt und gesehen habe, ist die Zunahme an Insekten und Schmetterlingen und natürlich auch von Vögeln. Kohl- und Blaumeisen brüten regelmässig in den Nistkästen an den Bäumen und die Stare in den natürlichen Höhlen des alten Kirschbaums. Über das ganze Jahr verteilt beobachte ich in meinem Garten und der näheren Umgebung um die 50 Vogelarten. 12 Arten davon haben schon in meinem Garten gebrütet. Durch meine Kurse und Fortbildungen (zum Beispiel zur Feldornithologin) bin ich sicher auch etwas sensibler geworden gegenüber gewissen Gartentieren und nehme sie genauer wahr. So auch die Fledermäuse, die ich seit Kurzem mit einem speziellen Gerät sogar hören kann. Dadurch, dass ich gezielt nicht nur Pflanzen für erwachsene Falter, sondern auch Raupenpflanzen (Doldenblütler wie Dill, Gewürzfenchel etc. oder auch Disteln, und den Faulbaum) anziehe, sehe ich Zitronenfalter, Schwalbenschwänze und viele mehr, denen ich teilweise auch über den Winter helfe. Auch der Grauschnäpper ist gern bei mir, sowie die Mönchsgrasmücke, Amseln, Spatzen und zahlreiche weitere Arten.
Im Spätherbst kommt wieder eine Zeit, um mich der Teichpflege anzunehmen. Dann stört man die Tiere am wenigsten. Und ich möchte unbedingt die Wildbienen mit ihrer erstaunlichen Vielfalt bei uns besser kennenlernen. Für sie lohnt es sich, auch bei der Wiese weiter für Abmagerung zu sorgen (erste Versuche mit Klappertopf haben bereits gestartet), damit noch ein grösseres Blumen- und Blütenangebot gedeihen kann.
Um einen Garten schmetterlingsfreundlich zu gestalten, setzt man nicht nur auf Pflanzen für die Falter wie Disteln, Kräuter (Thymian, Salbei, Katzenminze), Lavendel oder Wildrosen, sondern unbedingt auch auf Pflanzen, die den Raupen Futter und Kinderstube bieten, wie Brennesseln, Weiden, Klee und Doldenblütler (Fenchel, Dill), um nur einige zu nennen.
Die Raupenfutterpflanzen werden in der Zeit, in der die Raupen dran sind, in Ruhe gelassen, und können deshalb gut auch an etwas versteckteren Orten gepflanzt werden.
Gerade auch bei Gartenhäuschen eignet sich eine Dachbegrünung; während sie die Innentemperatur schön moderat hält, schafft sie Lebensraum für unzählige Kleinstlebewesen und speichert Feuchtigkeit.
Rechts: Während die Königskerze und der Blutweiderich gute Bienenweiden sind, hat die Nachtkerze auch für Tiere der Nacht etwas zu bieten. Der offene und durchlässige Boden ist bei den vielen bodenbrütenden Arten beliebt.
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