Inklusion leben – das soziale Schaffen der Stiftung WBM

Insektenschutznetze, Nachfüller für unsere Marienkäfer-Aufzuchtsets oder Solbac Tabs gegen Trauermücken erfreuen sich grosser Beliebtheit. Doch wussten Sie, dass diese – wie auch viele andere Produkte von Andermatt Biogarten – in sozialen Institutionen in der Schweiz abgefüllt, montiert oder verpackt werden? Eine davon ist die Stiftung WBM, in deren Abteilung Montage & Verpacken fleissige Hände für die Fertigung der Produkte sorgen. Ein Besuch in der WBM gibt Einblicke in die Aufgabengebiete und in den Alltag der Stiftung.

Ein lächelnder Mann sitzt an einem Tisch und verpackt Produkte von Andermatt Biogarten. | © Andermatt Biogarten AG


Im Gespräch mit Geschäftsführer Stephan Weber


Andermatt Biogarten: Welche Ziele verfolgt die WBM?

Stephan Weber (Bild): Unsere oberste Priorität ist es, Inklusion zu schaffen. Dies geht über Integration hinaus. Inklusion bedeutet für uns, dass Menschen mit und ohne Unterstützungsbedarf zusammenarbeiten – auch aus unterschiedlichen Kulturen. Neben diversen Abteilungen wie die Mechanische Fertigung, Montage & Verpacken oder die Wäscherei betreiben wir auch eine Bio-Bäckerei und Kaffeerösterei in Rohrbach und ein Restaurant in Langenthal. Dort ist Inklusion etwas einfacher, da es Interaktionen mit den Gästen gibt.

In der Abteilung Montage & Verpacken geschieht dies vor allem durch das Betreuungspersonal. Dieses arbeitet in der Regel als Teil der Abteilungsteams im Prozess mit. Zudem gibt es auch während den Pausen keine Trennung unterschiedlicher Gruppen. Egal ob Personal, Lernende, Mitarbeitende oder Geschäftsleitung – alle sitzen in der «Znünipause» am selben Tisch.
 

Welche Voraussetzungen muss man erfüllen, um in der Abteilung Montage & Verpacken arbeiten zu können?

In der Abteilung Montage & Verpacken ist produktives Arbeiten eine Voraussetzung. Das heisst aber auch: Es gibt einen Lohn. Für Menschen, die das nicht können, bieten wir ein Atelier als Tagesstruktur mit 1:1-Betreuung an.

  

Geschäftsführer Stephan Weber in der Stiftung WBM. | © Andermatt Biogarten AG

Integration und Inklusion

Zwischen Integration und Inklusion liegt ein wichtiger Unterschied. Grundlage einer inklusiven Gesellschaft ist, dass alle Menschen ohne Vorbehalte und gleichberechtigt zur Gesellschaft gehören. Im Gegensatz zur Integration ist es nicht das Individuum, das in die Gesellschaft integriert sein soll. Vielmehr ist es die Gesellschaft, die allen Individuen die Möglichkeit bieten muss, auf Augenhöhe teilzuhaben. Es stehen sich also keine «normale» Mehrheit und eine zu integrierende Minderheit gegenüber. Das Ziel – oder vielmehr die angestrebte Ausgangslage – ist eine vielfältige Gesellschaft, die allen gleichberechtigt offen steht.

Ein Lohn ist sicher auch förderlich für das Gefühl der persönlichen Inklusion?

Eine Arbeit und einen Lohn zu haben bedeutet auch Wertschätzung. So fühlt man sich integriert in die Gesellschaft, im sozialen Gefüge. Wer keine Arbeit hat, neigt in der Regel eher zur Vereinsamung. Jemand mit Arbeit hat eine Tagesstruktur: Man steht auf, geht arbeiten, geht in die «Znünipause», spricht mit anderen. Zudem bieten wir unseren Mitarbeitenden eine persönliche Entwicklungsplanung an. Wir fragen sie: Wo willst du hin, was willst du noch lernen? Vielleicht möchte sich jemand darin üben Pallettenrolli zu fahren oder hat Probleme mit der Pünktlichkeit. Dann bieten wir Ausbildungen oder individuelle Trainings an. Auch dadurch erfahren die Mitarbeitenden Wertschätzung – und schliesslich der Lohn am Ende des Monats. Ich denke, dass dieses Paket die Lebensqualität deutlich steigert.


Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit Andermatt Biogarten?

Sehr gut. Die Zusammenarbeit hat sich gut eingespielt und mittlerweile haben wir ein stabiles Team zur Erledigung der Aufträge. Natürlich fällt auch da mal jemand aus, aber das kann man ein Stück weit einkalkulieren.
 

Gibt es Produkte von Andermatt Biogarten, welche die Mitarbeitenden am liebsten bearbeiten?

Gut geeignet sind Arbeiten, bei denen die Abläufe immer etwas ähnlich sind, zum Beispiel «Muggentablettli» einpacken oder Pflanzenschutzmittel wie «Delfin» abfüllen. Für solche Aufgaben haben wir viele Mitarbeitende, die das sehr schätzen. Andere bevorzugen komplexere Aufgaben. Das «schwierigste» Produkt ist sicher der Nachfüller für das Marienkäfer-Aufzuchtset. Sie enthalten runtergekühltes Futter, das nicht auftauen darf. Insgesamt ist die Produktpalette von Biogarten aber gut abgestimmt auf unsere Möglichkeiten.

Produkte, die in einer sozialen Institution gefertigt oder konfektioniert wurden,
sind in unserem Shop mit dem Herz-Icon gekennzeichnet.

Ein Rundgang durch die Abteilung
Montage & Verpacken

Und was denken die Mitarbeitenden selbst über ihre Tätigkeit? «Das fragen wir sie am besten gleich selbst», entgegnet Stephan Weber. Wir starten eine Tour durch die grosse Halle, in der emsiges Treiben herrscht. An mehreren langen Tischen sind die Mitarbeitenden der Abteilung ins Ab- und Verpacken von Biogarten-Produkten vertieft.

Als erstes sprechen wir mit Cinzia Lappert (Bild), die gerade Solbac-Tabs gegen Trauermückenlarven abpackt. Seit 5 Jahren ist sie mit dabei und kommt jeden Tag gerne in die WBM. Bei der Frage, wie ihr die Arbeit gefällt, muss Cinzia nicht lange nachdenken: «Es ist eine gute Arbeit.» – «Und was ist das besonders Schöne daran?» – «Dass ich sie machen kann!».

Und ob es manchmal auch schwierige Arbeiten gäbe, wollen wir von ihr wissen. «Eigentlich nicht», sagt sie. «Nur manchmal beim Zusammenstecken der Kartons kommt es vor, dass sie wieder auseinanderfallen».

Cinzia Lappert verpackt Produkte in der sozialen Stiftung WBM. | © Andermatt Biogarten AG
Fehim Kulasic steht neben einer frisch abgepackten Packung Napf-Steinmehl. | © Andermatt Biogarten AG

Am Tisch direkt dahinter stossen wir zu einer Gruppe konzentriert arbeitender Männer. Einer davon stellt sich vor als Thomas Eber. Schon seit über 25 Jahren kümmere er sich um das Einpacken und Abfüllen von Biogarten-Produkten in der Stiftung WBM, erzählt er. «Muggentablettli» abpacken wie sein Tischnachbar könne er nicht, wegen seiner Hände. Dafür aber viele andere Biogarten-Produkte.

Geschäftsführer Stephan Weber erinnert sich an sein erstes Treffen mit ihm: «Als ich hier anfing, warst du schon lange mit dabei».

Am Arbeitsplatz daneben meldet sich ein weiterer Mitarbeiter: «Ich bin auch schon seit 20 Jahren hier. Ich kam hierher zum Schnuppern und es hat mir so gut gefallen, dass ich geblieben bin. Mit Thomas bin ich zur Schule gegangen».

Stephan Weber schmunzelt und sagt: «Wir hatten auch schon 40-Jahr-Jubiläen. Das ist selten, aber es kommt schon mal vor. Wir ehren die Mitarbeitenden jedes Jahr in der Schlussfeier. Manche arbeiten bis zur Pensionierung hier, das ist unglaublich! Als ich hier anfing, gab es hier sogar noch ein paar Mitarbeitende, die bereits seit der Gründung 1968 dabei gewesen sind.»

Wir verabschieden uns und gehen einen Raum weiter. In einem angrenzenden Raum mit etwas grösseren Maschinen treffen wir auf Fehim Kulasic (Bild). Er hat seine Ausbildung in der Stiftung WBM gemacht und arbeitet heute festangestellt als Industriepraktiker in der Stiftung.

In der Ausbildung hat er einiges gelernt, was er heute im Arbeitsalltag einsetzen kann: «Palettrolli Fahren, Palletten Wickeln, Abfüllen, das habe ich alles gelernt in der Ausbildung und mache ich jetzt auch für Andermatt Biogarten. Vor allem 'Delfin'-Flaschen habe ich viele abgefüllt. Manchmal ist es schwierig, weil zum Beispiel die Maschine überläuft, aber das passiert mir mittlerweile selten.» Ich frage ihn, ob ihn die Arbeit hier glücklich mache. «Ja!», sagt Fehim Kulasic mit klarer Stimme. «Das macht mir sehr viel Spass.»


Soziales Engagement auf Augenhöhe

Beim Gang durch die Stiftung WBM wird klar, dass sie viel mehr macht als «Arbeitsbeschaffung». An der Schnittstelle von Sozialwesen und Industrie fördert sie ein selbstverständliches Miteinander aller Menschen auf Augenhöhe. Gleichzeitig sorgt sie für die Fertigstellung hochwertiger Produkte, die fair, sozial und lokal hergestellt wurden.

Dies entspricht dem Anspruch von Andermatt Biogarten, Nachhaltigkeit und soziales Engagement zu fördern. Durch die Zusammenarbeit erhält Andermatt Biogarten nicht nur hochqualitativ gefertigte Produkte für das biologische Gartensortiment. Die Stiftung schafft auch eine fortschrittliche und für die persönliche Entwicklung der Mitarbeitenden wertvolle Umgebung.

Gespräche mit den Mitarbeitenden der Stiftung WBM vermitteln einen lebendigen Eindruck, wie Inklusion im Alltag funktionieren kann. Ein gleichberechtigtes Miteinander aller Menschen ist möglich, wenn man bereit ist, sich darauf einzulassen.

Engagement social - la fondation WBM à Madiswil | © Andermatt Biogarten AG

Die Stiftung WBM

Seit über 50 Jahren begleitet die Stiftung WBM erwachsene Menschen mit Beeinträchtigungen bedarfsgerecht und ressourcenorientiert mit individuell angepassten Dienstleistungen in den Bereichen Wohnen, Arbeiten und Arbeitsintegration. Als modernes Unternehmen produziert die WBM an ihrem Standort in Madiswil hochwertige Produkte für die Industrie und bietet Dienstleistungen für Firmen, Vereine und Privatkunden.

In den Fachbereichen mechanische Fertigung, Montage und Verpacken, Hotellerie und Atelier beschäftigt die WBM rund 220 Personen. In diesen Fachbereichen bietet die WBM ein umfangreiches Schulungs- sowie Ausbildungsangebot in verschiedenen Berufsgruppen an und arbeitet eng mit IV-Stellen und Partnerfirmen zusammen. Am Standort in Rohrbach betreibt die Stiftung WBM die eigene Bio-Bäckerei und Kaffeerösterei «Bim Donner» und in Langenthal führt sie die «Grüne Halle» – ein Restaurant mit Verkaufsladen. Im Wohnhaus in Madiswil bietet die WBM 25 Personen ein selbstbestimmtes und individuelles Lebensumfeld.